Liebe alle,
nachdem ich euch in meinem letzten Blog-Beitrag von einem klassischen Hamburger Junggesellinnenabschied erzählt habe, darf nun natürlich auch der Bericht über die dazugehörige Hochzeit nicht fehlen. Und auch die war ziemlich klassisch bzw. traditionell - traditionell russisch nämlich. Wie ihr ja schon wisst, hat eine gute Studienfreundin aus Rostock geheiratet. Sie wohnt mittlerweile seit einigen Jahren wieder in ihrer Heimatstadt Stralsund, woher sie auch ihren Bräutigam Robert kennt. Genauer gesagt kannten sich die beiden durch den gleichen Freundeskreis schon ziemlich lange, doch Anja war zuvor lange in einer Beziehung und so musste Robert gezwungenermaßen warten, bis seine Anja wieder frei wurde. Als es schließlich soweit war, fackelte er nicht lange und gab sich allergrößte Mühe, Anja für sich zu gewinnen. Und was soll ich sagen, Freunde - heute erzähle ich euch die Geschichte über ihre Hochzeit. :)
Und diese Geschichte ist eine deutsch-russische. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich war zuvor noch nie auf einer russischen Hochzeit. Gerüchte gingen vorab herum, dass der Hochzeitstag ein Donnerstag sein würde, damit man anschließend noch drei weitere Tage bis zum Sonntag durchfeiern könne. Frei nach dem Motto "Der Wodka muss leer werden." Nun ja, wir waren sehr gespannt! Letztes Mal hatte ich euch ja erzählt, dass wir in Hamburg ein paar kleine Dinge für den Brautfreikauf vorbereitet hatten und damit wären wir auch schon bei der ersten Tradition an diesem besonderen Tag im Juni. Da Anja und Robert (ebenfalls traditionell) die Nacht vor der Hochzeit bei ihren Eltern verbrachten, durften Sabrina und ich (am Abend vorher angereist) im Ehebett in spe übernachten.
Mit einer durch Anja und Robert angesteckten Mischung aus Aufregung und Vorfreude im Magen, eilten wir dann am Hochzeitsmorgen gegen 10 Uhr zur Wohnung der Brautmutter herüber, wo der Freikauf gerade begonnen hatte. Die wichtigsten Hochzeitsgäste drängten sich im engen Treppenhaus, um alles sehen zu können und auch wir versuchten, nun natürlich am letzten Ende der Schlange, alles mitzubekommen. Der Bräutigam musste sich zunächst durch verschiedene Aufgaben hangeln, um zu beweisen, dass er seine Braut auch wirklich gut kennt. Mit jeder geschafften Aufgabe kam Robert seiner Anja einige Stufen im Treppenhaus näher. So musste er aus den Umrissen von 8 Junggesellinnen + Anja den richtigen Fuß, die richtige Hand und den richtigen Kussmund erkennen. Das lief so... naja... Ich sag mal, das ist auch wirklich keine leichte Aufgabe! ;-) Als nächstes wurden Robert einige Fragen gestellt, die ebenfalls beweisen sollten, dass der Bräutigam seine Braut auch wirklich verdient hat! Nachdem Robert auch die letzte Frage nach den Gründen, wofür er seine Braut denn ganz besonders liebe, gefühlvoll beantwortet hatte, ging es dann zum Schluss um den tatsächlichen BrautfreiKAUF. Als die Braut durch universelle Zahlungsmittel wie Süßigkeiten oder Kaugummi bis hin zu stinknormalen Euromünzen und -scheinen dann endlich freigekauft war, durfte der Bräutigam sie also über die Schwelle der elterlichen Wohnung hinaus zur Hochzeit mitnehmen.
Wir Gäste machten uns nun auf den Weg in die Stralsunder Innenstadt, zum Standesamt. Passend zum Anlass schien hier auch schon die Sonne und verkürzte uns die Zeit des Wartens auf das Brautpaar.
Nach der hübschen kleinen Trauung im Stralsunder Rathaus (bei der die Standesbeamtin sich sehr schwer damit tat, Roberts russischen Namen auszusprechen ;-)), ging es auf den Rathausplatz, wo wir das frisch vermählte Paar mit Konfettibomben und Sekt in ihrem neuen Lebensabschnitt begrüßten. Danach folgten Fotos und das obligatorische Herz-aus-Laken-Schneiden, bei dem Robert, beobachtet durch eine schaulustige Menschentraube, seine Anja am Ende durch das zuvor ausgeschnittene Herz trug. Anschließend durften sich die Familienangehörigen bis zur Feier am Nachmittag eine Pause gönnen, während wir Freunde zu einem Fotoshooting durch Stralsund eingeladen wurden. Zuerst aber brauchten alle eine kleine Stärkung und wir deckten uns mit belegten Brötchen vom Bäcker ein. Daraus entstand dann auch die Idee für das Foto, das ich euch hier mal mit einfüge.
Als alle gesättigt und die ersten Fotos geschossen waren, ging es weiter zu Anjas Arbeitsplatz, dem Stralsunder CineStar. Da auch Robert hier schon gearbeitet hat, war es dem Chef eine Freude, das Kino für das Brautpaar und Gefolge zu öffnen und die Räume für Fotos zur Verfügung zu stellen. Alle Aufnahmen im Kasten, wurden wir sogar noch mit Erfrischungen versorgt, die wir zur Hälfte direkt im Kino leerten und zur Hälfte als Wegproviant für das weitere Shooting mitnahmen. Noch ein paar Zwischenstopps auf dem Weg und wir kamen schließlich am Stralsunder Stadthafen an, wo Anja und Robert uns an ihren Ehe-Gelübden teilhaben ließen. Ein sehr bewegender Moment für uns alle! Eine der letzten Foto-Stationen war dann die Rückseite des Ozeaneums, wo ich bereits barfuß ankam, da mir schon jetzt die Füße von den Absätzen schmerzten. ;-) Ein Stück weiter verabschiedeten wir uns dann vorerst, um vor der Feier schnell noch einmal in die Wohnung zu fahren, sich umzuziehen und frisch zu machen, während das Brautpaar zum zweisamen Teil des Shootings überging.
Gegen 15 Uhr trafen wir dann an der Party-Location am Wasser auf die restlichen Hochzeitsgäste. Etwas später stellten wir uns alle entlang des Weges auf und begrüßten das Brautpaar ein weiteres Mal unter Jubeln und Konfetti zur nachfolgenden Feier. Bevor es an den Kaffeetisch ging, gab es noch eine weitere russische Tradition zu erleben. Roberts Mama, eine sehr herzliche, aber auch durchgreifende Frau, hieß Anja nun offiziell als Tochter in der Familie willkommen, überreichte das Bild des neuen religiösen Beschützers der Ehe und verteilte dann Brot und Salz an die Gäste. Allen voran trug dann Robert seine Braut die Treppe zum Tanzsaal hinauf, wir anderen folgten nach und nach mit einem Stückchen Brot in der Hand.
Nach Kaffee und Kuchen begann dann auch schon bald das liebevoll vorbereitete Programm. Von Reden der Brauteltern und Trauzeugen über Videobotschaften der Daheimgebliebenen aus Russland bis hin zu einem kleinen Theaterstück und einer bewegenden Gesangseinlage war alles dabei, um die Gäste und das Brautpaar zu unterhalten. Und währenddessen wurde sich eines weiteren russischen Brauchs immer wieder gern bedient: den gorka, gorka, gorka Rufen, die so lange anhalten, bis das Brautpaar sich küsst. Gorka bedeutet bitter, ein dezenter Hinweis darauf, dass der Wodka in den Gläsern schon bitter geworden sei, das Brautpaar durch den Kuss den Wodka gewissermaßen versüßt und nun die Gläser endlich geleert werden können. Während des Küssens zählen die Gäste laut von 1 an hoch und es gilt - je länger der Kuss, desto süßer das Getränk und desto mehr glückliche Ehejahre stehen bevor. Ein sehr unterhaltsamer Weg, zum Küssen und Trinken aufzufordern, wie ich finde! ;-)
Den Höhepunkt des Programms bildete der Hochzeitstanz, für den sich Anja und Robert eine anspruchsvolle Choreografie ausgedacht hatten. Vom klassisch langsamen Tanz bis hin zur Campingstuhl-Einlage mit Festival-Feeling war alles enthalten, das die bisherige Geschichte des Paares wiederspiegeln sollte. Sehr großen Respekt nochmal dafür, ich glaube fast jeder war hier einmal den Tränen nahe und ging dann zu Bauchschmerzen vor Lachen über.
Den restlichen Abend verbrachten wir dann mit einem üppigen deutsch-russischen Buffet, weiteren lustigen Spielen und der aufgestellten Fotobox, einem imposanten Feuerwerk über dem Wasser und dem Anschneiden der Hochzeitstorte. Eine Menge Wodka und Tanzeinlagen bis in die Morgenstunden führten einen wunderschönen Hochzeitstag mit Tradition, Spaß und Emotion dann schließlich zu seinem Ende.
Mal davon abgesehen, dass das noch nicht das Ende war...
Aber manche Geschichten müssen eben auch zwischen den Beteiligten bleiben. ;-)