Keep Calm and go to London (1)
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Vorwort – Sarahs kleines Corona Tagebuch
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Gib mir den Wodka, Anuschka

Добрый день!

Wie versprochen, werde ich heute mal ein paar Zeilen über unseren Kurztrip nach Moskau schreiben. Zunächst vielleicht kurz dazu, wie sich dieser Trip überhaupt ergeben hat. Jules Papa ist nämlich Bundespolizist und zur Zeit (schon seit drei Jahren) arbeitet er in Moskau, lebt dort in der Deutschen Botschaft und hat uns diese Reise ermöglicht bzw. die Organisation dieser Reise für uns erheblich erleichtert. Dafür an dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön! Wie ihr wahrscheinlich alle wisst, ist es nämlich gar nicht so einfach, mal eben für ein paar Tage nach Moskau zu reisen. Man braucht ein Visum, eine offizielle Einladung, einen gültigen Reisepass, eine nachweisliche Auslandskrankenversicherung und und und... Das alles erklärte uns Jules Papa und kümmerte sich darum, alles wichtige zur Botschaft in Berlin zu bringen und unsere Reise somit startklar zu machen. Doch damit nicht genug. Bei der Ankunft mussten wir uns nicht erst umschauen, wie wir am besten in die Stadt kommen und wo wir genau hin müssen, sondern Papa Jürgen holte uns am Flughafen ab und verfrachtete uns in ein Taxi, das uns direkt vor der Deutschen Botschaft absetzte, wo wir während unseres Aufenthalts kostengünstig untergebracht waren. Aber dazu später mehr - jetzt beginnen wir erst einmal bei unserer Abreise aus Deutschland.
Für mich begann der Abreise-Donnerstag sehr sehr früh. Da ich am Mittwoch noch bis abends arbeiten musste, entschied ich, am nächsten Morgen direkt aus Leipzig nach Berlin zu fahren, statt zuvor in Berlin zu übernachten. Da unser Flug um kurz vor 10 gehen sollte und wir mindestens zwei Stunden vorher am Flughafen sein wollten, musste ich Leipzig schon um 5 Uhr mit dem Zug verlassen und das bedeutete: um 3:45 Uhr aufstehen! Ihr kennt mich - 3:45 Uhr ist für mich nicht mitten in der Nacht, es ist früher als mitten in der Nacht. Da ich aber tierische Angst hatte, zu verschlafen, stand ich sofort nach dem ersten Weckerklingeln auf (natürlich hatte ich mir aber vier verschiedene Wecker auf zwei verschiedenen Geräten gestellt) und hatte so noch genug Zeit, mein Gepäck noch einmal zu checken und mich so richtig müde zu fühlen. Zugegebenermaßen war es aber auch ein bisschen cool, zu dieser Uhrzeit unterwegs zu sein, in Gesellschaft von Straßenreinigern, Pennern und Betrunkenen. ;-) Und ich war dann doch überrascht, wie viele Leute mit demselben Zug fahren wollten, wie ich.
Zum Glück war mein ICE auch super pünktlich, im Zug war es ruhig genug, um eine Weile die Augen schließen zu können und wir kamen auch wie vorhergesagt in Berlin an, wo ich nur noch einmal den Zug wechseln musste und schließlich als erste in Schönefeld ankam. Dort suchte ich mir ein Plätzchen in der Sonne und wartete auf die anderen. Während Jule, Christina und Jules Mama auch bereits ziemlich früh aufgestanden waren und mit dem Auto aus Templin kamen, kam Judith natürlich aus ihrer Wohnung in Berlin und musste sich so früh am Morgen schon mit S-Bahn Ausfällen herumschlagen, kam dann zum Glück aber trotzdem noch pünktlich an. So trafen wir uns alle gegen 8 Uhr am Flughafen und bildeten schließlich die Reisegruppe "Wodka", wie Christina uns direkt taufte. Zwar nicht mit Wodka, aber dafür mit Sekt, stießen wir dann auch nach dem Check-In direkt mal an, um den Trip offiziell einzuläuten. Morgens um 8:30 Uhr. Aber, wenn man schon seit 4 Uhr wach ist, ist so ein Becher Sekt um 8:30 Uhr auch irgendwie schon völlig legitim. War ja quasi schon Mittag für mich. ;-)
Verglichen mit dem Schönefelder Flughafen, erwartete uns in Moskau am nördlichen Flughafen "Scheremetjewo" ein modernes, großes Gebäude (was uns mit dem BER ja vielleicht auch mal hätte erwarten sollen, aber wer weiß das schon). Und eben Papa Jürgen, später aufgrund seines umfänglichen Lokalwissens nur noch "Moskau Jürgen" oder kurz "MJ" getauft. Ach ja, nicht so schön war übrigens mein Sitznachbar im Flugzeug, der sich ziemlich breit machte, eklige Geräusche von sich gab und auch seinen Mundgeruch nicht zu verstecken vermochte, der zum Glück aber erst zum Vorschein kam, als er am Ende des Fluges plötzlich anfing, mit uns zu reden. Voll gut hingegen war, dass wir, obwohl nur 2:20 Stunden Flugzeit, gratis Essen und Getränke im Flieger bekamen (leider nur unalkoholische, weshalb wir unseren morgendlichen Sekt-Appeal innerhalb kürzester Zeit leider wieder verloren). Doch in unserem Taxi zur Botschaft konnten wir den dann glücklicherweise wieder anreichern. Nachdem Jule als die Person ausgewählt wurde, die den Sekt sicherlich ohne Verspritzen auf die Taxi-Ledersitze öffnen könne, freuten wir uns also alle auf den nächsten Schwall Bauchprickeln. Ein Schwall erwartete uns dann tatsächlich, als Jule die Flasche öffnete und den ersten Becher mit Judiths Schal auffing. Naja, ein bisschen was ging auch an die Sitze, auf Jules Hose und in Judiths Gesicht... ;-) Der Taxifahrer war daraufhin wahrscheinlich not so amused, reichte uns aber, nach russischem Freundlichkeits-Gebot, sogleich eine Taschentücherbox. Und wir hatten erstmal ordentlich was zu gackern...

So fuhren wir eine Weile in die Stadt hinein, vorbei an unzähligen grauen Hochhäusern, in denen die nicht so reichen Moskauer ihren Wohnort gefunden haben. Schließlich erreichten wir gegen 15 Uhr Ortszeit (in Moskau ist es eine Stunde später als die deutsche Sommerzeit) die Botschaft und wurden durch das schwere Gittertor am Eingang zu unserer kleinen Wohnung für die nächsten drei Nächte geführt. Die Botschaft wirkt ein bisschen wie ein kleines Dorf, irgendwo im Norden Deutschlands. Mit roten Backstein-Häusern, gepflasterten Wegen, kleinen Spielplätzen und abgetrennten Gärten hinter'm Haus.
Nachdem wir uns kurz frisch gemacht hatten, lud uns Moskau Jürgen zu einer typisch russischen Suppe in seine eigene Wohnung ein, die einen Aufgang weiter lag und genau wie unsere geschnitten war. Leider habe ich den Namen der Suppe vergessen, aber sie war super lecker (es war nicht Borschtsch). Lag vielleicht auch an den drei verschiedenen Sorten Wurst darin. ;-) Im Taxi wurden wir bereits von Jürgen mit russischem Geld und einer Metro-Fahrkarte ausgestattet und so ging es nach der Stärkung auch direkt los in die Stadt zum Sightseeing. Jürgen fuhr uns mit dem Auto bis zur "Luschniki-Seilbahn", die erst Ende 2018 eröffnet wurde und über eine Strecke von 703 Metern die Moskwa überfährt und dabei und einen Höhenunterschied von 60 Metern überwindet. Für 200 Rubel (ca. 2,80€) bekamen wir hier schon die ersten schönen Blicke auf die Stadt. Und so eine Seilbahnfahrt macht man ja schließlich auch nicht alle Tage... "Luschniki" ist übrigens auch der Name des Moskauer Olympiastadions, von dem die Seilbahn direkt an das andere Flussufer führt. Eigentlich wurde die Seilbahn sogar anlässlich der Fussball Weltmeisterschaft 2018 gebaut, konnte aufgrund eines Cyber-Angriffs aber erst Monate später eröffnet werden.
Nach der Flussüberquerung ging es dann schließlich ein Stück an der Moskwa entlang, bis hin zur nächsten Metro-Station und unserer ersten Fahrt mit der Moskauer U-Bahn. Ähnlich wie beispielsweise in London gibt es hier eine Plastikkarte, die man mit Geld aufladen und somit immer wieder benutzen kann und mit der man sich am Eingang zur Metro eincheckt, um den Bahnhof überhaupt betreten zu können. Von hier aus machten wir dann eine kleine Metro-Tour, die so aussah, dass wir immer mal wieder ausstiegen und uns die aufwendig gestalteten Stationen ansahen, bevor wir wieder in die nächste U-Bahn stiegen, auf die wir glaube ich nie länger als 30 Sekunden warten mussten. Schließlich stiegen wir an einer großen Shopping Mall aus und liefen von dort aus zu unserem verabredeten Ort mit Papa Jürgen - das Hotel Radisson, von dessen Skybar uns ein toller Blick über die Stadt angekündigt wurde. Übrigens war es suuuper praktisch, dass wir Jules Mama die ganze Zeit dabei hatten, Dank der wir nicht ein Mal auf irgendeine Karte oder einen U-Bahn Plan schauen mussten, weil sie schon einige Male in Moskau war und sich mittlerweile ziemlich gut dort auskennt.
Das Radisson ist nicht nur sehr imposant und verfügt über mehrere Geschäfte, Restaurants und Bars (und viiiiel goldenes Dekor), sondern ist auch eine der sogenannten "Sieben Schwestern" Moskaus. Das sind sieben signifikante Gebäude in Moskau, die alle im Auftrag Stalins im "Zuckerbäckerstil" erbaut worden sind. (Ursprünglich sollten es eigentlich acht Gebäude werden, doch nach Stalins Tod hielt man die Fertigstellung des achten Gebäudes wohl nicht mehr für so wichtig.) Das Radisson Hotel (ursprünglich "Hotel Ukraine") ist also eins von ihnen und beherbergt im Inneren außerdem das "Diorama", ein kleiner Nachbau der Moskauer Innenstadt, das wir uns anschauten und über Kopfhörer etwas zu den einzelnen Teilen und wichtigen Gebäuden der Stadt erzählt bekamen.
Nach dem Überblick über diese kleine Version Moskaus brachte uns Jürgen schließlich in den 29. Stock des Hotels, wo wir mit unserer Alltagskleidung doch etwas auffielen, was uns, nachdem wir den Blick auf die Stadt gesehen hatten, aber relativ egal war. Denn der war einfach unheimlich beeindruckend! Ich muss zugeben, dass ich vor dem Trip nach Moskau nicht wirklich viel recherchiert oder Bilder angesehen habe, was ich normalerweise schon tue. Irgendwie hatte mir dieses Mal die Zeit gefehlt, aber dafür war die Überraschung nun umso größer. Mir war nämlich nicht bewusst, dass Moskau so viele moderne Hochhäuser hat und im Allgemeinen ist das gesamte Ausmaß der Stadt einfach überwältigend. Irgendwo müssen die 12 Millionen Einwohner ja schließlich auch wohnen, arbeiten und leben. Ganz zu schweigen von der Vielzahl an Touristen, die jährlich in die russische Hauptstadt reisen (ca. 24 Mio.)

Hier ließen wir also die Moskauer City bei einem Glas Aperol Spritz auf uns wirken und fuhren anschließend nochmal zwei Etagen höher auf die Außen-Plattform, wo ich versuchte, in Eile (es war doch sehr windig und kalt) ein paar Fotos mit meiner Kamera zu machen. Und einige davon lasse ich jetzt erstmal auf euch wirken, damit ihr auch wisst, wovon ich eigentlich die ganze Zeit rede.
Und das war noch nicht das letzte Highlight an diesem ersten Tag in Moskau. Anschließend ging es nämlich noch auf eine Dampferfahrt über die Moskwa! Wir verließen also das Hotel (übrigens ist der Toilettengang hier auch sehr erwähnenswert, ich glaube, ich war noch nie in einem so hübschen Bad mit so toll riechender Handcreme) und machten uns auf den Weg zum Wasser. Auf diesem Weg habe ich auch zum allerersten Mal in meinem Leben ein goldenes Auto gesehen - rückblickend ergibt es auch total Sinn, dass das in Moskau passiert ist und nicht in irgendeiner anderen Stadt auf der Welt. Naja, außer vielleicht in Dubai - da hätte es mich wahrscheinlich auch nicht gewundert.
Und was soll ich sagen, auf dem Dampfer - übrigens auch von Radisson - ging es ähnlich stilvoll weiter, wie in der Skybar. Wir bekamen ein sehr leckeres Abendessen, ich bestellte passenderweise einen Moscow Mule und nutzte mal wieder die Gelegenheit, einige hübsche Fotos zu machen, die ich euch natürlich auch wieder nicht vorenthalten möchte.
Übrigens hatte ich während der halben Schiffsfahrt, die uns unter anderem am Gorki-Park vorbeiführte, einen Ohrwurm von "Wind of Change" - I follow the Moskva, down to Gorky Paark, listening to the wind of chaaaange... - viel Spaß damit!
Auch der nächste Tag war Sightseeing-mäßig schon voll von unser Zarin geplant und so mussten wir ihr wieder nur im Gänsemarsch folgen. Zunächst brachte uns Moskau Jürgen wieder mit dem Auto ein Stück in die Stadt rein und wir fuhren mit der Metro zu Moskaus wohl bekanntester Sehenswürdigkeit - dem Kreml. Am Tage zuvor hatten wir schon von den "Termiten" (den asiatischen Touristen) gehört, die deshalb Termiten genannt werden, weil sie eben überall sind und teilweise eine kleine Plage für die Ortsansässigen darstellen. Man ist ja größere Massen asiatischer Touris gewöhnt, aber hier war es echt nochmal deutlich krasser als ich es irgendwo anders zuvor gesehen hätte. Das aber nur nebenbei. ;-) Was ich noch gar nicht erwähnt habe, sind die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen, die überall an öffentlichen Einrichtungen wie Einkaufszentren, Bahnhöfen oder eben Sehenswürdigkeiten getroffen werden. Es gibt quasi überall eine Schleuse, durch die man gehen muss, wie ich es in Deutschland eigentlich nur vom Flughafen kenne. Hier, am Eingang zum Kreml, mussten wir zudem unsere Taschen durch eine extra Schleuse laufen lassen. Dann liefen wir also den Weg hoch zum Kreml, der gewissermaßen den oberen Teil der Moskauer City bildet, also tatsächlich auf einem "Berg" liegt. Er ist außerdem der älteste Teil Moskaus, UNESCO Weltkulturerbe und war früher Residenz der russischen Zaren - heute des russischen Präsidenten. Hier befindet sich auch der berühmte Rote Platz, dessen Basilius-Kathedrale mit seinen bunten Zwiebeltürmen wohl das bekannteste Wahrzeichen der Stadt ist. Neben dieser gibt es noch einige andere Kathedralen, Türme, Paläste und eine rote Backsteinmauer, die um all das herumführt und damit den Kreml von der restlichen Stadt abgrenzt. Auch trafen wir hier auf eine interessante Gruppe asiatischer Transvestiten in ABBA-Kostümen und ähnlichem, da könnt ihr jetzt eurer Vorstellung freien Lauf lassen. ;-)

Nach dem Kreml ging es wieder abwärts in Richtung einer weiteren Kathedrale, die wir uns von innen ansehen wollten. Auch auf dem Kreml besichtigten wir schon einige Kathedralen von innen, die bereits sehr beeindruckend bemalt und aufwendig verziert waren (was man von außen, mal abgesehen von den vergoldeten Zwiebeltürmchen, gar nicht unbedingt vermuten würde). Diese Kathedrale jedoch, die "Christ-Erlöser-Kathedrale", war auf jeden Fall die schönste. Sie ist auch zentrales Gotteshaus der Russisch-Orthodoxen Kirche und wurde 1883 nahe des Moskwa-Ufers erbaut. Auch hier gab es wieder eine Aussichtsplattform bzw. gleich vier davon, auf jeder Seite der Kathedrale eine, die wir natürlich mit Freuden besichtigten. Also nachdem wir zunächst einmal die zahlreichen Stufen bis zur Plattform bewältigt hatten und wieder normal atmen konnten... An diesem Tag war es teilweise etwas regnerisch, teilweise konnte sich aber auch etwas Sonne den Weg durch die dicke Wolkendecke bahnen, wodurch der Ausblick ziemlich grandios war. So ein wolkenverhangener Himmel ist ja ohnehin spannender als ein strahlend blauer... ;-)
Nach dem Besuch der Christ-Erlöser-Kathedrale führte uns Zarin Sylke zurück auf den Kreml und dieses Mal direkt zum Roten Platz. Hier konnten wir nun endlich auch die vorhin bereits erwähnte Basilius-Kathedrale anschauen, die mit ihren farbenfrohen Türmen wirklich toll aussieht. Hier packten wir dann auch Sylkes tollen Selfie-Stick erstmal aus und Judith erklärte sich dazu bereit, den Stick zu bedienen und sich damit bekanntermaßen in die ungünstigste Position zu begeben, die es auf einem Selfie gibt - die des Fotografen. Aus Gründen war Judith nicht gerade die talentierteste Selfie-Fotografin und hatte so ihre Schwierigkeiten dabei, uns UND die jeweilige Sehenswürdigkeit auf ein Foto zu bekommen. Ist auch wirklich nicht so leicht bei fünf Personen. Jedenfalls hatten wir hier wieder jede Menge zu lachen, wodurch auch ein paar sehr fröhliche Selfies entstanden sind. :) Aber seht selbst:
Nachdem wir von dem ganzen Lachen schon die gute Art von Bauchschmerzen hatten, besuchten wir dann noch das riesige Luxus-Einkaufszentrum am Roten Platz, das - wie fast alles in der Moskauer Innenstadt - ebenfalls sehr imposant ist. Hier gab es eine Runde leckeres Eis, ein bisschen Schaufenster-Bummeln entlang der teuren Geschäfte und eine kurze Pipi-Pause, bevor wir weiterzogen in ein anderes Kaufhaus. Und auch in diesem gab es einiges zu bestaunen - vor allem die farbig beleuchteten Glas-Aufzüge und Wasserinstallationen, die mich sehr faszinierten und die ich ausgiebig fotografierte, während die anderen Unterwäsche shoppten. ;-) Auch draußen vor dem Kaufhaus gibt es ein größeres Wasserspiel, das zur vollen Stunde einen besonderen "Tanz" zu passender Musik aufführt. In diesem Falle war es orientalische Musik und die Wasserfontänen wirkten tatsächlich so, als würden sie gerade einen aufwendig einstudierten Bauchtanz vollführen. Eigentlich stehe ich ja nicht auf solche Dinge, aber das war zugegebenermaßen schon ein bisschen cool. Nach diesem Spektakel und dem ganzen Sightseeing waren wir dann alle ziemlich k.o. vom Tag und machten uns auf den Rückweg zur Botschaft, wo wir noch etwas Zeit hatten, um uns auszuruhen und duschen zu gehen, um uns für das von Jürgen geplante Abendprogramm bereit zu machen.
Jenes geplante Programm schloss - wie sollte es anders sein - ein Moskauer Hochhaus mit sagenhaftem Blick über die Stadt ein. Wirklich - für jemanden, dem vorher nicht klar war, was für krasse Hochhäuser es in Moskau gibt, war es besonders cool, andauernd so hoch über der Stadt zu sein. Dieses Mal waren wir dann tatsächlich auch in einem dieser gläsernen Hochhäuser selbst und dazu auch nochmal doppelt so hoch über der Erde wie im Radisson Hotel, nämlich im 62. Stockwerk. Und zwar in einem super fancy Restaurant, in dem es ein Aquarium gab mit Krabben und Hummern, die dafür bestimmt waren, irgendwann auf dem Teller eines Gastes zu landen. Wir hatten sogar einen Tisch direkt an der Fensterfront und da wir uns dieses Mal direkt inmitten der Glasbauten befanden, war auch der Ausblick entsprechend nochmal anders. Etwa ein Mal pro Stunde wird hier ein Teil der Fensterfront geöffnet (ähnlich wie beim Springbrunnen vor'm Einkaufszentrum auch hier mit Musikuntermalung) und alle rennen los mit ihren Handys in der Hand los, um ein paar gute Fotos zu ergattern. Schon irgendwie verrückt. Aber natürlich war auch ich, bewaffnet mit meiner Kamera, mit von der Partie. Viel Zeit hat man nicht, vor allem wenn man nicht gewillt ist, sich erbarmungslos durchzudrängeln, aber ein paar gute Fotos habe ich doch machen können. Richtig beeindruckend fand ich auch hier wieder, wie weitläufig die Stadt einfach ist und wie viele Lichter es überall gibt. Übrigens ist Strom super günstig in Moskau oder allgemein in Russland, weshalb auch an der öffentlichen Beleuchtung absolut nicht gespart wird... Der berühmte Gorki-Park zum Beispiel ist über Meter oder Kilometer komplett an der Flussseite beleuchtet. Also die Bäume werden hier komplett in ein buntes Farbwechsel-Spiel getaucht. Dezent und energiesparend ist auf jeden Fall anders, aber es passt irgendwie zum Rest der Stadt.
Jedenfalls hatten wir hier mal wieder ein sehr leckeres Essen (ich hatte ein Tomaten-Risotto) und einen guten Cocktail und ich fühlte mich mal wieder ein wenig underdressed. ;-) Neben dem bestellten Essen gab es hier als gratis Vorspeise übrigens, ähnlich wie ich es aus Estland kenne, ein schwarzes Knoblauchbrot mit so einer luftigen Buttermousse - sehr lecker. Und auch auf dem Radisson Schiff am Vorabend gab es vor dem Essen kleine Brötchen und Butter.
Nach diesem guten Essen machte Jürgen dann den Vorschlag, noch einmal bei Nacht den Roten Platz zu besuchen. Da es Sylke aber leider nicht so gut ging und Judith und Christina auch lieber auf die Couch wollten, teilten wir die Gruppe kurzerhand und verabredeten uns für später in der Botschaft. Jule, Jürgen und ich machten uns also auf den Weg zum Roten Platz, wobei Moskau Jürgen seinem Namen wieder alle Ehre machte und uns allerhand Wissenswertes über die Stadt und die Gebäude erzählte, an denen wir so vorbeikamen. Es gibt beispielsweise ein Gebäude, das auf den ersten Blick total symmetrisch aussieht, auf den zweiten Blick aber erkennbar ist, dass die rechte und die linke Seite sich in einigen Details unterscheiden. Das liegt daran, dass vor Erbauung des Gebäudes versehentlich zwei Baupläne vorgelegt und genehmigt wurden und am Ende dann das Gebäude einfach nach beiden Plänen erbaut wurde - eben eine Seite so, die andere Seite so. Klingt komisch, tatsächlich fällt es aber kaum auf, wenn man es nicht weiß. Leider kann ich euch kein Foto von diesem Gebäude zeigen, dafür aber einige vom Roten Platz bei Nacht.

Das super beleuchtete Gebäude, das ein bisschen an das Londoner Einkaufszentrum "Harrods" erinnert, ist übrigens wieder die Luxus Shopping Mall, von der ich weiter oben im Text schon mal erzählt hatte. Nach diesem kleinen nächtlichen Ausflug machten wir drei uns nun auch wieder auf den Weg zurück in die Botschaft, wo wir dann, zusammen mit den anderen Mädels, noch ein paar Gute-Nacht-Wodka zu uns nahmen und noch ein paar spannenden Geschichten von Moskau Jürgen lauschten. Pur getrunken wurde hier übrigens auf Jürgens Empfehlung hin der "Beluga" Wodka - falls jemand sich fragt, was wohl das richtige gute Zeug ist. Ich persönlich kann euch das nicht beantworten, weil ich da nicht wirklich einen Unterschied schmecke, sondern für mich maximal der eine etwas weniger brennt als der andere... ;-)
Und dann erwachte auch schon Tag drei unserer Reise. Da dies ein Samstag war, musste Jürgen nicht arbeiten und begleitete uns bei unserem Tagesprogramm. Erster Punkt: ein Markt inkl. Flohmarkt mit allem, was man sich an Souvenirs etc. aus Russland wünschen kann - von der Matroschka über das Fabergé-Ei bis hin zur Kalaschnikow. Sehr interessant! Hier kauften die anderen auch ein paar Souvenirs, wozu wir bisher tatsächlich noch nicht gekommen waren. Mir war irgendwie alles ein bisschen zu kitschig, aber ich kaufe ja eigentlich sowieso selten Souvenirs, die man nicht anziehen oder essen kann. ;-)
Wie ihr euch bestimmt schon denken könnt, war ein weiterer Tagesprogrammpunkt auch wieder eine Aussichtsplattform auf einem höheren Gebäude. Und zwar auf dem Kinderkaufhaus. Hier kann man nicht etwa Kinder kaufen, dafür aber alles, das Kinderaugen leuchten lässt. Und nicht nur Kinderaugen - auch Sylke musste von Jule und den anderen quasi Scheuklappen angelegt bekommen, um ihrer Enkelin nicht das halbe Spielzeuggeschäft zu kaufen, durch das wir gehen mussten, um zum Fahrstuhl zu gelangen. Der Samstag war wieder ein recht sonniger Tag, so dass wir nun auch den älteren Teil der Stadt nochmal im Sonnenschein von oben fotografieren konnten. Und natürlich kam auch hier wieder der Selfie-Stick zum Einsatz (mittlerweile neues Lieblingsstück von Jule - siehe Foto). Überhaupt haben wir den Stick tatsächlich echt oft benutzt, weil das mit fünf bis sechs Personen einfach sehr praktisch ist... Ich werde am Ende des Artikels nochmal ein paar Fotos zeigen, die ich euch bisher noch vorenthalten habe. ;-)
Nach dem Kinderkaufhaus wollte Moskau Jürgen uns unbedingt noch eine bekannte Kneipe zeigen, die es schon eine ganze Weile gibt und die früher wohl Stamm-Bar des KGB war. Passenderweise sind die Türgriffe des Eingangs zur "Razvedka" (= Geheimdienst) Bar goldene Nachbildungen von Kalaschnikows und auch innen ist die Bar mit allerhand Waffen, Fotos von Waffen und anderem Geheimdienst-Kram ausstaffiert. Tatsächlich sieht das aber cooler aus, als es klingt. Auch gibt es am Eingang eine Garderobe, an der man abends seine Jacke vor Betreten der Bar abgeben muss und daneben hängen einige schwarze Kragenmäntel, die man sich zum Rauchen draußen überziehen kann, damit man nicht jedes Mal seine Jacke holen und wieder abgeben muss. Und, damit man sich beim Rauchen so richtig geheimdienstlerisch fühlen kann. Obwohl damals ganz sicher noch in der Bar selbst geraucht wurde, was die ohnehin schon sehr geheimen Gespräche in noch geheimere Rauchschwaden gehüllt hat. So jedenfalls meine Vorstellung... ;-)
Hier in der Razvedka Bar gab es dann für alle Pelmeni (super lecker!) und ein Heißgetränk gegen die Kälte draußen. Tja und damit hatte ich also meinen ersten Glühwein in diesem Jahr. Der übrigens auch super lecker war. Alles super lecker, ihr merkt schon... Nach dieser Stärkung ging es zurück an die frische Luft und zum letzten Sightseeing-Punkt des Tages: dem Bolschoi-Theater. Vor unserer Reise hatte Judith den Wunsch geäußert, zum Ballett ins Bolschoi gehen zu wollen, da aber das Programm an diesem Wochenende in Relation zum Preis dann doch nicht überzeugend war, blieb ihr und auch uns nur übrig, das Theater einmal von außen anzuschauen - und natürlich wieder ein Selfie zu machen. (Wo ist eigentlich dieses Selfie - Jule?)
Und damit sind wir auch schon fast am Ende unserer Reise und meines Blogbeitrags angekommen. Es fehlte nur noch ein letzter Punkt auf unserem Moskau-Programm und das war ein sehr deutscher - nämlich das Oktoberfest in der Deutschen Botschaft, das zufälligerweise an diesem Wochenende stattfand. Daher fuhren wir gegen 15:30 Uhr aus der Stadt wieder zurück zu unserer Unterkunft, um uns in die Trachten zu werfen und uns Musik-mäßig schon mal ein wenig einzustimmen (Yay...) Habt ihr euch schon mal die Texte von diesen ganzen Oktoberfest-/Ballermann-Hits angehört? Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Ein, zwei Wodka-Lemon ließen mich schließlich für's Lachen entscheiden und so ging's auf zua Gaudi. Und tatsächlich war alles sehr bayrisch. Die Deko, das Essen, die Musik, einfach alles. Nur die Bierkrüge - die waren mit nur 0,5 Litern eine Nummer zu klein. Tatsächlich wurde aber extra eine Band aus Deutschland eingeflogen, die uns ab ca. 18 Uhr bis morgens gegen 1 Uhr unterhielt und viele Gäste zum Tanzen brachte. Wobei die Texte so teils teils saßen (Nimm ihn in die Hand statt Komm, nimm meine Hand oder auch Du hast da noch Spaghetti in der Falte auf der Stirn) und einer der Sänger, der eigentlich nur Englisch sprach, akzentfrei auf Deutsch singen konnte. Unseren Tisch haben wir uns mit Julia, Jürgens Sekretärin, und einem japanischen Kollegen samt Familie geteilt, die alle sehr sehr nett waren, so dass wir einen wirklich schönen Abend hatten. Nach einem weiteren Absacker in unserer Ferienwohnung fielen wir dann schließlich alle sehr müde ins Bett und uns stand nur noch die Rückreise am Sonntag bevor.
Nachdem wir halbwegs ausgeschlafen hatten, trafen wir uns also wieder zum Frühstück bei Familie Köhler, gaben alle übrigen Rubel zurück, packten anschließend unsere Taschen und Koffer und saßen um 12 Uhr im Taxi zum Flughafen. Nach mehrfacher Sicherheits- und Passkontrolle shoppten wir dann noch ein wenig im Duty Free und stiegen sehr pünktlich ins Flugzeug zurück nach Berlin. Als abschließendes Fazit unserer kurzen Reise kann ich auf jeden Fall eine Empfehlung aussprechen. Es war wirklich sehr schön und, wie ich bereits mehrfach erwähnt habe, vor allem sehr beeindruckend. Die Ausmaße der Stadt, die Weitläufigkeit, die großen Plätze und breiten Gehwege und Straßen, die unheimlich vielen Autos und Lichter und der ganze Prunk - alles sehr imposant. Auch ist mir aufgefallen, dass es trotz der ganzen Menschen sehr sauber und irgendwie aufgeräumt in der ganzen Stadt ist.
Zwar würde ich in so einer großen Stadt wie Moskau nicht unbedingt leben wollen, aber es lohnt sich definitiv, sich die Stadt mal anzuschauen! Und man kann sich problemlos auch mehr als drei oder vier Tage dort beschäftigen. Erwähnenswert ist vielleicht auch nochmal die große Kluft zwischen arm und reich, die in der Stadt herrscht. Klischeehaft kennt man ja die Aussage, dass es quasi keine Mittelschicht in Moskau oder in Russland allgemein gibt und dieser Eindruck bestätigt sich auch, wenn man an den grauen Hochhäusern vorbei in die moderne und glänzende City fährt. Etwas, das ich so noch nirgendwo anders gesehen habe und worüber man auch mal nachdenken sollte, wenn man sich mit Russland befasst...
Nun zum Abschluss, wie versprochen, noch ein paar letzte Selfies. ;-) In diesem Sinne: Gib mir den Wodka, Anuschka, und dann lass mich sein. Der Wodka ist freundlich, doch du bist gemein. Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und bis bald mal wieder!

Всего хорошего, Sarah.

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