Dezemberträume
3. Januar 2018
Mein Semester in Zahlen
31. Januar 2018

Vaadake varsti, Tallinna!

Und irgendwann muss eben auch die schönste Zeit zu Ende gehen...

Nun ist es soweit - Ende Januar heißt Ende des Semesters und Ende meiner Zeit in Tallinn. Wie schnell die Zeit verging und wie viel wir erlebt haben ist so verrückt. Aber beginnen wir am Anfang des Monats...
Nach Neujahr musste ich erstmal etwas Zeit ins Lernen für die Uni und ins Essay Schreiben stecken. Zum Glück konnte ich alle Abgabefristen einhalten und Dank eines Lern- (und Koch-) Abends mit den Mädels auch die "Estonian Studies" Klausur erfolgreich absolvieren. Nachdem die geschafft war, haben wir uns erstmal einen ausgiebigen Saunagang gegönnt, der für die nötige Entspannung (und Einschläferung...) nach dem Lernen gesorgt hat. Ein paar Tage später habe ich mich dann erneut auf den Weg zum Flughafen gemacht, um den nun wirklich letzten (spontanen) Besuch abzuholen: meine Tante Katrin. Ähh ich meine, die Schwester meiner Mama! :P
Direkt am Ankunftsabend (Samstag) haben wir uns ein nettes Restaurant in der Altstadt gesucht, das sich nach einigen Minuten bereits als ausgezeichnete Wahl herausgestellt hat. Neben der gemütlichen Atmosphäre und tollen Einrichtung hat uns die netteste Bedienung, die ich vermutlich jemals hatte, durch den Abend begleitet. Mittlerweile fast nicht mehr überraschend, konnte sie mit einigen Worten Deutsch glänzen und war sonst einfach furchtbar lieb und aufmerksam. Zum Dessert hatten wir den leckersten kleinen Schokokuchen mit flüssigem Kern überhaupt, inklusive netter Serviettenbotschaft unserer Kellnerin auf Deutsch ("Die besten Dinge im Leben sind süß!"). Nach diesem leckeren und tollen Abend im "Rataskaevu" haben wir dann noch eine Runde durch die Altstadt gedreht und sind schließlich müde ins Bett gefallen. Am nächsten Sonntagmorgen ging es dann früh wieder aus den Betten (zumindest für mich war es ziemlich früh...), denn ich hatte mit Freunden einen letzten Roadtrip durch Estland geplant und Katrin einfach mitgenommen. :) In Richtung Sonnenaufgang ging es um 8 Uhr auf zur Küste, genau gesagt zum Pakri Kliff an der Nordküste, etwa 50km von Tallinn entfernt. Da auch Franzi Besuch hatte, waren wir eine große Gruppe von 12 Leuten und hatten zwei Autos gemietet. Nachdem wir an der steilen Steinklippe noch etwas den Sonnenaufgang genießen konnten, ging es wieder weiter Richtung Landesinnere, zu einem stillgelegten Steinbruch ("Rummu" Karjäär), der an einem natürlichen Grundwassersee liegt. Direkt am dem Steinbruch liegt außerdem das alte Rummu Gefängnis, dessen Ruinen halb im See liegen. Da wir im Januar endlich länger anhaltende Minusgrade erreichten, war das relativ flache Wasser hier bereits eingefroren. Im Sommer beeindruckt es durch seine verschiedenen Blautöne, die erstaunlicherweise selbst jetzt im Januar wunderschön durch das Eis glänzten. Dritte Station unseres Roadtrips war dann der Matsalu Nationalpark. Auch hier erwartete uns viel Eis, weshalb wir uns sehr behutsam durch die Natur schlängeln mussten, aber dadurch auch nochmal erlebten durften, wie es im Winter in estnischen Nationalparks so aussieht. Da wir nach unserem ausgiebigen Spaziergang noch gut in der Zeit lagen, beschlossen wir noch einen Abstecher in das kleine Städtchen Happsalu an der Westküste zu machen um einen Kaffee zu trinken. Wir waren schon im September mal dort (vielleicht erinnert ihr euch an das gruselige Erlebnis im Dunkeln an der dortigen Burg?), und nun konnten wir die Stadt nochmal mit etwas mehr Tageslicht sehen. Nach Kaffee, Pfannkuchen und einem kleinen Rundgang um die Burg machten wir uns dann schließlich auf den Rückweg nach Tallinn.
Am folgenden Montagmorgen erwartete mich dann meine letzte Klausur für das Semester (Multiple Choice "Film History"), die ich ziemlich vergeigt habe, aber Ende aber (mir unverständlich) trotzdem mit einem C bestanden habe. Zum Mittag trafen wir uns nochmal mit den anderen - natürlich traditionell zum Pfannkuchen Essen im Kompressor. :) Danach ging ich mit Katrin zum großen Bahnhofsmarkt und in das moderne Hipster-Viertel "Telliskivi", wo wir den Abend mit leckeren Cocktails einläuteten. Ich war dann anschließend noch mit ein paar Freunden zum Karaoke und zum Kickern. Der Dienstag war dann auch schon wieder Katrins letzter Tag in Tallinn und er überraschte uns mit schönstem Sonnenschein (und knackig kalten Temperaturen). Ich zeigte Katrin noch die Uni, das Schloss und den Park Kadriorg und den Strand in Pirita, von dem aus man ja einen herrlichen Blick auf die Stadt hat. Es war wirklich klirrend kalt durch den eisigen Wind, aber die Sonne und der tolle Blick entschädigten ziemlich. Zum Abschluss des Tages gingen wir dann noch etwas essen und dann brachte ich Katrin wieder zum Flughafen. Die Tage vergingen wie im Flug und waren sehr schön und ich danke dir, dass ich durch dich wieder neue Restaurants/Bars kennenlernen konnte und außerdem für die vielen schönen Fotos, die du mit deiner Kamera gemacht hast und die nun alle hier auf meiner Webseite anschauen dürfen. :)
Ein paar Tage später am 20. feierten wir dann Jeromes Geburtstag alle gemeinsam und am Sonntagabend darauf hatten wir einen letzten "Potluck" bei unserer amerikanischen Freundin Katarina. Das heißt, jeder brachte, wie an Thanksgiving, wieder etwas zu Essen mit und wir hatten einen lustigen Abend mit einigen Trinkspielen. Dieses Mal feierten wir jedoch nicht ganz so lange wie an Thanksgiving, da es am nächsten Tag für Jerome, Piotr und mich zum zweiten Mal mit der Fähre nach Stockholm ging. Dieses Mal fuhr außerdem noch eine Freundin aus Tschechien mit: Anu. So machten wir uns Montagabend zu viert auf die Reise und verbrachten eine spaßige Nacht mit Kartenspielen, Liveband, Kicker und Board-Disco. Gegen 10:30 Uhr am Dienstag stiegen wir dann in Stockholm vom Schiff und nahmen wieder die U-Bahn ins Stadtzentrum. Da wir den Stadtrundgang ja schon beim ersten Stockholm-Trip "abgehakt" hatten, konzentrierten wir uns dieses Mal auf das "Vasa Museum". Die "Vasa" ist ein riesiges Kriegsschiff, das nach nur kurzer Lebensgeschichte im 17. Jahrhundert in Stockholms Hafen gesunken ist und 333 Jahre später schließlich aufwendig aus dem Wasser geborgen wurde. Aufgrund von Fehlern bei der Konstruktion sank das Schiff direkt nach Fertigstellung, als es aus Stockholms Hafen auslaufen wollte und durch heftige Windboen kenterte. Eine wirklich schnelles und trauriges Ende für die Vasa, bei dem mindestens 30 Besatzungsmitglieder starben und all die aufwendig verrichtete Arbeit am Schiff zunichte gemacht wurde. Nach der Bergung jedenfalls wurde das Schiff konserviert und an den nötigen Stellen restauriert, ist jedoch zu 95% noch im Originalzustand erhalten. Im Museum erfährt man alles über den Bau, die Besatzung, die Hintergrundgeschichte sowie die Bergung der Vasa und alles ist mit sehr viel Liebe zum Detail und sehr spannend gestaltet.
Nach dem Museumsbesuch waren wir müde und hungrig und entschieden uns aufgrund von Geldknappheit für McDonalds. Dann war es auch schon allerhöchste Zeit, sich auf den Weg zurück zum Hafen zu machen. Da wir aber nur eine Station mit der U-Bahn zu fahren hatten, waren wir uns sicher, die Fähre bis Schließen des Gates um 17:30 Uhr erreichen zu können. Blöd war nur, dass wir erst an der U-Bahn Station um kurz nach 17 Uhr merkten, dass 17:30 bereits Abfahrtszeit unseres Schiffes war. Heißt, wir waren eigentlich schon zu spät. Trotzdem beschlossen wir, die Bahn zu nehmen und legten danach einen gefühlt endlosen Sprint zum Fährhafen ein. Doch es nütze alles nichts mehr und wir verpassten den Check-In um 5 Minuten.
Erstmal waren wir alle ziemlich niedergeschlagen und k.o. und brauchten einige Minuten Abstand voneinander bis wir schließlich nach einer Lösung suchen konnten. Neben dem Fakt, dass wir die Fähre ja schon bezahlt hatten und außerdem unser Gepäck noch auf dem Schiff war, bedeutete das ja auch wieder zusätzliche Ausgaben, die uns alle nicht gerade gelegen kamen, so am Ende unseres Erasmus Semesters... Aber nachdem wir uns beruhigt hatten und der Optimismus langsam wiederkam, buchten wir schließlich ein Hostel in der Stadt. Ironischerweise war das günstigste Hostel, das wir auf die schnelle finden konnten, ebenfalls ein Schiff, das im Hafen von Stockholm auf Anker liegt. So verbrachten wir die Nacht also trotzdem in einer Schiffskabine, nur eben ohne uns fortzubewegen. Das "Welcome in Stockholm" Schild am Ausgang der Gangway hatte an diesem Tag dann beim zweiten Passieren ebenfalls einen sehr ironischen Beigeschmack... ;-)
Den nun zusätzlich gewonnenen Tag in Schwedens Hauptstadt begannen wir relativ früh und nach einem inklusiven Frühstück an Bord unseres Hostels. Um zehn gingen wir zu einer kostenlosen Stadttour, bei der uns der sehr sehr sympathische und witzige Guide Ben 1,5 Stunden durch die Stadt führte und viele Geschichten und Anekdoten erzählte. Wusstet ihr zum Beispiel, dass das "Stockholm Syndrom" auf der Geschichte eines Banküberfalls in der Stadt beruht? Lohnt sich, das mal nachzulesen. Anschließend besuchten wir noch ein Eintritt-freies Kunstmuseum und die beeindruckende Stadtbibliothek. Dann machten wir uns schließlich (dieses Mal überpünktlich!) wieder auf den Weg zum Hafen. Durch Glück im Unglück hatten wir eine Viererkabine für insgesamt nur 50€ bekommen und verloren dadurch am Ende gar nicht so viel Geld wie befürchtet.
Ein paar Stunden nach Abfahrt wurde die Ostsee sehr unruhig, wahrscheinlich sogar noch unruhiger als bei unserem ersten Stockholm-Trip im November. Als wir irgendwann in unseren Betten lagen rutschten wir jedenfalls von oben nach unten, aber zum Glück machte das niemandem von uns wirklich etwas aus. Am stärksten konnten wir die Intensität des Wellengangs sehen, als wir auf dem Außenbalkon auf Deck 10 standen und in der Ferne eine andere Fähre sehen konnten, die sich auf dem Meer auf und ab bewegte. Das war echt krass. Und irgendwie echt cool. :D
Genau 24 Stunden später als geplant kamen wir dann wieder in Tallinn an und hofften, hier auch unser Gepäck in Empfang nehmen zu können. Nach 2,5 Tagen in denselben Klamotten und ohne die Zähne putzen zu können wollten wir jetzt einfach nur noch auf schnellstem Wege nach Hause. Aber wiedermal machten wir die Rechnung ohne das Schicksal und uns wurde mitgeteilt, dass sich unser Gepäck immer noch auf der Kabine befinde und wieder auf dem Weg nach Stockholm sei. Über so viel Ironie in zwei Tagen konnte man aber eigentlich nur noch lachen... ;-) Zum Glück hatten wir unsere Haustürschlüssel dabei (außer Anu, aber die hat zum Glück Mitbewohner). So duschten, aßen und schliefen wir alle erstmal ausgiebig und trafen uns am nächsten Morgen wieder am Hafen in Tallinn um unser Gepäck abzuholen. Dafür mussten wir nochmal auf das Schiff und bekamen unsere Sachen schließlich an den Eingang gebracht, wo wir wie ein paar Kleinverbrecher warten sollten ("You're going nowhere!"). Und so konnte das Abenteuer "Verpasste Fähre" schließlich sein Ende nehmen. Auf jeden Fall haben wir Vier uns während dieser Tage besser kennengelernt als je zuvor. ;-)
Die letzten Tage in Tallinn verbrachten wir dann mit einem weiteren Pubcrawl, der (zu) alkoholreich war und dadurch kein sehr gutes Ende nahm, und mit Abschieden, Abschiedsschmerz sowie dem Putzen unserer Wohnungen. Als eine der letzten verließ ich dann schließlich gestern Abend um halb neun die Stadt mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits freute ich mich sehr auf meine Familie und besonders darauf, endlich meine, im Oktober geborene, Nichte kennen lernen zu können. Auch die sehr gedrückte Stimmung an den letzten Tagen machte es etwas einfacher, Abschied zu nehmen, aber trotzdem fiel es noch sehr schwer. Bevor es zum Flughafen ging drehte ich noch eine letzte Runde durch die Stadt, die nach einigen eher regnerischen Tagen gestern nochmal in hübschestem Schnee glänzte.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, wie sehr ich die Monate in Tallinn genossen habe, wie froh ich bin, Teil unserer kleinen Tallinn Familie gewesen und all diese lieben Menschen kennengelernt zu haben und wie leid es mir tut, es am Ende noch mit einem von ihnen vermasselt zu haben. Ich hoffe, dass sich das irgendwann wieder einrenken kann, allerspätestens wenn wir uns nächstes Jahr zum Songfestival in Tallinn wiedertreffen wollen.
Ich danke euch so sehr für alle die schönen Erinnerungen, das Füreinander-Da-Sein, Miteinander-Glücklich-Sein und freue mich unheimlich auf unser baldiges Wiedersehen in Deutschland oder anderswo. <3
Und auch Tallinn werde ich von nun an sicher noch öfter besuchen, daher: Vaadake varsti, Tallinna! - Bis bald, Tallinn!

Damit und mit meinem Semester in Zahlen Post schließe ich meinen Tallinn Blog und das Erasmus Semester und bin gespannt, was als nächstes auf mich wartet. Danke euch allen für das Lesen, Liken und Kommentieren meiner Beiträge während der letzten 6 Monate!

Alles Liebe,
Sarah.
 
times-we-had-klein
Ihr werdet mir sehr fehlen!
 

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